Seifenbutler - Nullserie!

5 Minute(n) Lesezeit

Jetzt ist mein Hardware-Projekt Seifenbutler abgeschlossen. Nach langer Entwicklungszeit habe ich einige Exemplare in weiß, schwarz, transparent und opalweiß hergestellt und sie in einem ersten Online-Shop platzieren lassen können.

Image: Seifenbutler in three different colours

Wie bestimme ich den Verkaufspreis?

Da ich hochwertige Materialien verwende und die Fertigungs- sowie Montagezeit lang ausfällt, habe ich bei der Preisgestaltung nicht so viel Luft nach unten. Andererseits kann ich für einen Gebrauchsgegenstand wie den Seifenbutler keine Mondpreise aufrufen - es sei denn, ich verwendete edle Hölzer oder andere, ausgefallene oder aufwändig zu bearbeitende Materialien. Für solche Kalkulationen gibt es eine Menge Material online. Ich habe mich dafür an einem Youtube-Video des Kanals “Cutting It Close” orientiert.

Meine Preisberechnung setzt sich aus folgenden Posten zusammen:

Endpreis = Materialpreis
         + Maschinenzeit (Investition, Verschleiß, Werkzeuge, Verbrauchsmaterialien)
         + Fertigungs- und Montagezeit 
         + Verpackungskosten 
         + Gebühren (Porto, Zahlungsdienstleister, Shops)

Wie zu erkennen ist, habe ich meine eigene Zeit für die Produktentwicklung da überhaupt nicht eingerechnet - müsste ich dies tun, so würden ganz locker noch einmal der Gegenwert zu 250h Arbeitszeit hinzukommen.

Materialpreise

Stand Ende 2023

Ok, dann listen wir mal schnell die Auslagen pro Teil auf:

Sückzahl Artikel Preis/Einheit Verwendete Einheit Endpreis
2 PMMA 5mm XT 90€/m² 0,03 2,70€
1 Rändel M4 A2 22mm 7,54€/25St 0,04 0,30€
1 Scheibe M4 A2 12mm 0,94€/100St 0,01 0,01€
1 Stift M4 A2 12mm 6,70€/50St 0,02 0,13€
5 Schraube M4 A2 8mm 12,40€/200St 0,025 0,31€
      Materialpreis/Teil 3,45€

Maschinenzeit

Die Maschinenzeit setze ich für dieses Projekt mit 100€/h an. Der Löwenanteil sind hierbei Investitions-, Wartungs-, sowie Verschleißkosten der Maschine mit 50€/h plus meiner eigenen Arbeitszeit, die ich einfach mal mit 30€/h ansetze.

Die Werkzeugkosten liegt mit ca. 15€/h recht hoch, da ich vier verschiedene Werkzeuge, allesamt mit kleinem Durchmesser und damit entsprechen hohem Verschleiß benutzen muss.

Verbrauchsmaterialien sind Vakuumvliese, Positionierstifte, Schnittschutzhandschuhe und Klebeband. Letzeres benötige ich für die Fixierung der kleinen Frästeile sowie der Spirale. Ihr Anteil an den Maschinenzeitkosten liegt bei etwa 5€/h.

Die Maschinenzeit beträgt momentan 8min/Teil. Somit beläuft sich Posten Maschinenzeit auf 13,30€/Stück.

Montagezeit

Für die Montage eines Seifenhalters benötige ich etwa 5 Minuten. Lege ich einen Stundensatz von 30€ zugrunde, so komme ich hier auf 2,50€/Stück.

Image: Seifenbutler ready to assemble

Verpackungskosten und Materialeinkauf

Ich verpacke die Seifenhalter in einfache DIN A6-Briefumschläge, nachdem ich sie sorgfältig in Packpapier eingewickelt habe. Die Kosten belaufen sich hier auf lediglich 0,20€/Stück. Rechne ich nun jedoch meine Arbeitszeit für Verpackung und Versandaufkleber mit ein, liegen wir bereits bei 0,90€/Stück. Hinzu kommen Aufwendungen für Porto beim Materialeinkauf und Kosten für Papier und Druck der Bedienungsanleitung, die ich mit weiteren 0,50€/Stück berechne - hier schlagen die geringen gefertigten Mengen voll durch.

Gebühren

Gebühren fallen z.B. für Versand- und Zahlungsdienstleister an. Hier variieren die Preise je nach Anbieter, sodass ich einen Versandaufschlag von 3,50€ (Versand per Großbrief) einplane - dieser entfällt bei Verkäufen “an der Theke”.

Der Gesamtpreis

Summiere ich alle Posten zusammen, so müsste ich einen Ladenpreis von 20,15€ (bei Barzahlung) für die unverpackte Ware und 24,75€ im Versandfalle mit bargeldloser Zahlung aufrufen. Und dann wäre in der Firma noch immer kein Cent Gewinn gemacht.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich der Seifenbutler für solche Preise verkaufen lässt. Wenn man sich aber ehrlich macht und am Ende nicht draufzahlen will, sind solche Rechnungen zumindest überschlagsweise unumgänglich.

Der angenommene Kaufmann mit Ladengeschäft

Wäre ich nun Kaufmann1, so müsste ich noch Mehrwertsteuer aufschlagen und würde auch die Entwicklungskosten irgendwie amortisiert sehen wollen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich “als Kaufmann” mit einem Stundensatz von 30€ durch die Tür käme.

Puh. Rechnet man jetzt noch Dinge wie Ladenmiete, Kosten für Lagerfläche, Werkstattmiete, Strom, Abfallentsorgung, Mitgliedschaft beim “Grünen Punkt” nach Verpackungsgesetz, Beiträge für IHK, Berufsgenossenschaft sowie Steuern und Abgaben mit ein, so muss selbst bei einem weiteren Preisaufschlag von 20% schon ein ganzer Haufen Seifenhalter verkauft werden, um am Ende nicht ärmer dazustehen als vorher!

Nehmen wir mal an, ich kann mich in eine Werkstatt einmieten und einen winzigen Laden eröffnen.

Ein fiktiver Laden

Überschlagen wir mal kurz mit ein paar angenommenen Werten:

Posten Preis/Einheit Verwendet Endpreis
Laden 16€/m² u. Monat 40m² 640€
Lagerfläche 4€/m² u. Monat 8m² 32€
Werkstatt 8€/m² u. Monat 30m² 240€
Nebenkosten pro Monat 1 200€
Abgaben IHK / BG / Vers. 1 125€
Gebühren 20€/Monat 3 60€
    Summe 1297€
    Personal 1600€

Und würde ich in diesem Laden nun nochmal für 20h/Woche jemanden für den Verkauf anstellen, entstünden hier überschlagsweise 1600€ an Kosten.

Summa summarum

Ok, fassen wir zusammen: Ich gehe mit einem Aufschlag von 20% auf die Herstellungskosten ins Rennen. Als angenommener Kaufmann müsste ich allerdings Mehrwertsteuer abführen, die ich erneut aufzuschlagen hätte.

Ladenpreis = Herstellungspreis 
           + Deckungsbeitrag (20%)
           + Mehrwertsteuer (19%)
           = (1,2 * 20,15€) * 1,19 = 28,77€

Oha, damit liegen wir schon bei fast dreißig Euro pro Teil.

Wie viele Seifenbutler müssen also pro Monat über die Ladentheke gehen, bevor ich als Kaufmann mit Ladengeschäft Gewinn machen würde? Der Deckungsbeitrag liegt bei 4,03€ (20% des Herstellungspreises). Wenn ich jetzt die durch Produktion und Verkauf erzeugten Kosten durch diesen Betrag teile, erhalte ich meine Mindestverkaufsmenge: 719 Stück/Monat.

Wie viele Wochenstunden müsste ich nun also mindestens an meiner CNC-Fräse stehen bzw. Seifenbutler zusammenbauen und verpacken? Nehme ich die Werte von oben, so liege ich bei insgesamt 8 + 5 + 2 = 15min/Teil.

Bei der Mindestverkaufsmenge würde mir das eine Wochenarbeitszeit von etwa 45h bescheren! Ach, 60h pro Woche gehen doch auch locker, oder?! Somit könnte ich 960 Stück pro Monat herstellen - und angenommen, sie verkaufen sich hervorragend, erzielte ich 971€ extra zur Amortisation der Entwicklungskosten (Überschlag 250h*30€ = 7.500€). Knaller!

Ich würde dann mit der Unternehmung nach nur acht Monaten (mit je 60h/Woche, ist klar) in die Gewinnzone marschieren. Oh, oder muss man etwa noch Steuern entrichten? Und wann war noch gleich meine Maschine abbezahlt?

Fazit zur Wirtschaftlichkeit

Mir ist klar, dass die Rechnung nicht so einfach zu machen ist. Einige Parameter lassen sich nicht beliebig und linear hoch- oder herunterskalieren und z.B. die Maschinenkosten kann ich gar nicht realistisch abschätzen, weil mir schlicht Erfahrungswerte im Dauerbetrieb fehlen, Stichwort Abnutzung.

Dennoch genügt mir die meinerseits zu erbringende Arbeitszeit um festzuhalten:

Das wird nix. Nettes Projekt, lohnt sich aber nicht. Jedenfalls nicht aus Eigenmitteln und allein in Eigenregie. Es bleibt bei einer Nullserie und bei meiner Freude über ein gelungenes, funktionales Produkt.

Glücklicherweise ist das alles hier “nur mein Hobby”, sodass ich die desaströse Bilanz nicht gezwungen bin zu ziehen 😉

  1. Obacht. Meine Berufung ist nicht Händler oder Kaufmann, sondern das Ingenieur-dasein. Daher habe ich nur sehr rudimentäre Kenntnis von Betriebswirtschaft (dieses eine Semester damals im Studium eben, wo niemand so recht zuhören mochte). Alle meine Ausführungen hier sind Überschlagsrechnungen. Sie sollten also mit großer Vorsicht genossen werden. Ich freue mich allerdings sehr über Korrekturzuschriften und konstruktive Kritik!